Mexiko-Projekt CACTUS
Rundbrief
Weihnachten
2004
Bild: Daniela Schmid inmitten von Kindern des Kindergartens
Niláhui in Ocotlán.
Spendenkonto: Nr. 0100 466 181, Sparda-Bank Köln, BLZ 370 605 90
Rosemarie Griebel-Kruip, Gerhard Kruip
Birkenweg 10
D-30974 Wennigsen
Tel. u. Fax:
05103-7668
Gerhard.Kruip@t-online.de
Rosemarie.Griebel@t-online.de
Weihnachten 2004
Liebe Freunde/innen, Bekannte und Verwandte!
Das Jahr 2004 war für
uns ein sehr ereignisreiches und intensives Jahr, vor allem auch ein Jahr mit
vielfältigen Bezügen zu Mexiko und Lateinamerika. Gerhard war im April im
Zusammenhang mit der Bolivienpartnerschaft der Diözese Hildesheim in Bolivien
und im September zu einer Tagung von Adveniat und des Lateinamerikanischen Bischofsrates
in Ecuador (und hat dort versucht, den Cotopaxi zu besteigen - ist aber nur bis
etwa 5000m Höhe gekommen). Über Ostern waren wir mit der ganzen Familie für
fast drei Wochen in Mexiko. Der Kindergarten Niláhui in Ocotlán, den wir mit
Ihrer und Eurer Hilfe seit vielen Jahren finanziell unterstützen, hat uns einen
sehr herzlichen und uns alle sehr berührenden Empfang bereitet. Eine „banda“
spielte Volksmusik, es wurde getanzt und es gab ein sehr schmackhaftes und
bekömmliches kaltes Buffet und vorher eine Reihe von Dankesworten der Kindergärtnerinnen,
der Eltern von Kindern und auch von einem kleinen Mädchen im Namen aller Kindergartenkinder. Es war für
uns sehr schön zu sehen, wie gut die Arbeit in diesem Kindergarten läuft und
wie sehr die Chance auf Erziehung und Bildung von den Eltern dort geschätzt
wird. Keine Frage: Die Unterstützung für dieses Projekt ist eine ausgesprochen
sinnvolle Sache.
Sehr schön war es auch,
mit unseren Freunden Luz Elena und Antonio und ihren drei Kindern interessante
und erholsame Tage in Oaxaca, an der Pazifikküste (Playa Cangrejo) und in Chiapas
(San Cristóbal de Las Casas und Comitán) verbringen zu können. Die letzten drei
Tage vor unserem Rückflug waren wir noch bei weiteren Freunden in Mexiko-Stadt
und haben es auch dort dank deren Gastfreundschaft gut ausgehalten. Lukas hat
Mexiko so gut gefallen, dass er sich nun dazu entschlossen hat, ab Januar 2005
als Freiwilliger für ca. ein Jahr in einem Projekt in Comitán/Chiapas mitzuarbeiten.
Sehr viel intensiver als
wir selbst hat Daniela Schmid die Arbeit von CACTUS mitbekommen, denn sie hat
als Praktikantin drei Monate in Ocotlán mitgearbeitet. Unsere Broschüre profitiert
enorm von ihrem Bericht und ihren Bildern, die sie uns dankenswerter Weise zur
Verfügung gestellt hat.
Einer der Mitarbeiter
von CACTUS, der ehemalige Maristen-Bruder Ignacio Franco (genannt „Nacho“) hat
uns überdies dank einer in einem Preisausschreiben gewonnenen Europareise ein
paar Tage in Hannover besuchen können, was uns neueste Nachrichten aus Mexiko
und viel Freude geschenkt hat.
Mit herzlichem Gruß und
unseren besten Wünschen für ein Frohes Weihnachtsfest und ein Gutes Neues Jahr!
Rosemarie Griebel-Kruip,
Gerhard Kruip, mit Lukas
und Anna
P.S. Wie in jedem Jahr, werden wir die Spendenquittungen für alle Spenden des Jahres 2004 im Januar oder Februar 2005 versenden und bitten deshalb noch um etwas Geduld.
Die Arbeit von CACTUS 2004
Kindergarten
Niláhui
Drei Kindergärtnerinnen, die von unseren
Spendengeldern aus Deutschland bezahlt werden, kümmern sich in drei Gruppen
nach dem Konzept der Montessori-Pädagogik um insgesamt 80 Kinder. Anschaulich
berichtet in dieser Broschüre Daniela Schmid über die Arbeit im Kindergarten
(siehe unten). Weiterhin findet alle vierzehn Tage ein Treffen der Eltern
statt.. Luz Elena begleitet die Kindergärtnerinnen durch regelmäßige Treffen
bei ihrer Arbeit. Eine Gruppe namens „Freunde von Oaxaca“ aus der
US-amerikanischen Diözese Willmington sandte auch 2004 wieder eine Spende von
4000 US-Dollar, die teilweise als zusätzliche Unterstützung für die
Kindergärtnerinnen, teilweise für Verschönerungsarbeiten an den Gebäuden
verwandt wurden.
Ein ernstes Problem, das in der nächsten Zeit
angegangen werden muss, besteht darin, dass der mexikanische Staat nur noch
Kindergärten mit ausgebildeten, staatlich geprüften Kindergärtnerinnen erlauben
wird. CACTUS arbeitet daran, dafür eine Lösung zu finden. Vielleicht können die
derzeitigen Kindergärtnerinnen nach einer Fortbildung eine entsprechende
Prüfung ablegen.
Genossenschaftsbank
Die Genossenschaftsbank, inzwischen vollkommen
unabhängig und ökonomisch erfolgreich, hat inzwischen 2700 Genossen und bietet
den Bewohnern/innen von Ocotlán einen sehr wertvollen Dienst, indem sie dort
Geld sparen, aber auch für kleine Projekte zu günstigen Konditionen ausleihen
können. Bei unserem Besuch in den Osterferien 2004 besuchten wir auch die
Genossenschaftsbank und sprachen mit ihrer Direktorin. Wir waren sehr beeindruckt
von diesem für die dort lebenden Menschen sehr sinnvollen und nützlichen
Projekt.
Spielende Kinder in Ocotlán (Bild: Daniela
Schmid)
Gemeinde
Ocotlán
In diesem Jahr fanden für die Legislaturperiode
2005 bis 2008 die Gemeindewahlen statt. Nach vielen Gesprächen mit möglichen
Kandidaten unterstützte CACTUS den Kandidaten der PAN, der jedoch die Wahlen
verlor. Gewählt wurde der Kandidat der Oppositionspartei „Convergencia“ namens
Mariscal. Dieser kommt aus den Katechese-Gruppen von Ignacio Franco und Padre
Aristeo (dem Pfarrer von Ocotlán) und strebt inzwischen die Zusammenarbeit mit
CACTUS an, insbesondere um die Umweltpolitik der Gemeinde zu verbessern, vor
allem hinsichtlich einer Verbesserung der Wasserversorgung. Geplant sind unter
anderem Wiederaufforstungsprogramme, an denen sich CACTUS vielleicht auch
finanziell beteiligen wird. erste Initiativen gibt es bereits. In dem Ort
„Santiago Apóstol“ hat sich eine Umweltgruppe von Indigenas gebildet,
die auf einem
Gebiet
von 10 Hektar bereits 5000 Bäume gepflanzt hat.
Sie werden unterstützt von Ignacio Franco, Antonio und einem Ehepaar, die beide
Experten in Waldwirtschaft sind.
Spielwiese vor den Gebäuden des Kindergartens
Niláhui (Foto: Daniela. Schmid)
Kirchliche
Erwachsenenbildung
Antonio arbeitet weiterhin mit einer Gruppe von
etwa 200 Personen in der religiösen Erwachsenenbildung, Ignacio Franco arbeitet
jeweils 6 Monate im Jahr in verschiedenen Gruppen mit ca. 1000 Leuten. Das
übrige halbe Jahr arbeitet er mit mexikanischen Migranten in Kalifornien/USA.
Antonio schreibt an einem dreibändigen Katechismus für die mexikanische Bewegung
für die Familie. Beim ersten Band „Ich glaube an die Familie“ betrug die
Auflage 80.000, vom zweiten „Die Familie - Hoffnung der Menschheit“ schon
50.000, der dritte Band ist gerade in Arbeit.
Verwendung der Spendengelder
Dank Ihrer und Eurer hohen Spendenbereitschaft
konnten wir schon Anfang 2004 4400 €, im Frühsommer 2500 € und jetzt im
Dezember noch 6000 € nach Mexiko überweisen, deutlich mehr als 2003. Außerdem
sind dies dank des höheren Euro-Kurses zugleich mehr mexikanische Pesos als in
den letzten Jahren.
Finanziert wurde daraus das Gehalt für
drei Kindergärtnerinnen (monatlich ca. 150 € mit einem dreizehnten Monatsgehalt),
rückwirkend eine entsprechend hohe Unterstützung für Luz Elena und Antonio für
2003 und 2004 sowie ein Zuschuss für einen Umweltorganisation in Ocotlán und Santiago
in Höhe von 360 €.. Die verbleibenden ca. 2800 € bilden eine gute Rücklage für
2005. Allen Spenderinnen und Spendern herzlichen Dank!
In Ocotlán wird noch viel von Hand gewebt (Foto:
Daniela Schmid)
Drei Monate Ocotlán hautnah
Bericht von Daniela Schmid
Ich heiße Daniela, bin neunzehn Jahre alt, wohne
in Nürnberg und habe dort 2004 Abitur gemacht. Am ersten September dieses Jahres brach ich alleine
nach Oaxaca auf, um die Arbeit von CACTUS zu
unterstützen, um das Leben der Menschen dort kennen zu lernen und um mein
Schulspanisch einem Praxistest zu unterziehen.
Nachdem mich Luz Elena und Antonio und ihre
Familie dort herzlich empfangen hatten und ich bei ihnen in Oaxaca zwei Tage
Zeit gehabt hatte, mich an Mexiko zu gewöhnen, ging es für mich nach Ocotlán,
wo ich für die nächsten 3 Monate in einer Gastfamilie herzliche Aufnahme fand.
Die ersten Tage in Ocotlán waren nicht immer
einfach für mich, ich fiel in dem Kleinstädtchen auf wie der sprichwörtliche bunte
Hund. Zudem war es für mich das erste Mal, dass ich Europa verlassen hatte und
somit schon auch ein Kulturschock. Am leichtesten fiel mir die Eingewöhnung im
Kindergarten Niláhui. Die Kinder zeigten zunächst sehr offen ihr Erstaunen über
mein für sie sehr ungewöhnliches Aussehen, die helle Haut, die blonden Haare,
die blauen Augen, aber schnell akzeptierten sie mich wie ich war, fassten Vertrauen
und schlossen mich spürbar in ihr Herz. Von da an konnte ich dort keinen
Schritt mehr tun, ohne von zahlreichen kleinen Freunden begleitet zu werden.
Die Kathedrale von Oaxaca (Foto: Daniela
Schmid.)
Der Kindergarten in Ocotlán war die ganzen drei
Monate der Schwerpunkt meiner Arbeit. Die mittlerweile achtzig Kinder in drei
Gruppen zu 20, 29, und 31 Kindern sprengen schon fast die personellen und
räumlichen Kapazitäten des Kindergartens. Von Anfang an gab es viel zu tun für
mich. Ich unterstützte die drei Kindergärtnerinnen bei ihren Tätigkeiten,
lernte den Alltag im Kindergarten kennen und war schon bald stundenweise
alleine für eine ganze Gruppe verantwortlich. Die Kindergärtnerinnen und Eltern
baten mich, die Kinder in Musik und Sprachen zu unterrichten. So sangen,
tanzten und klatschten wir und es machte den Kindern sichtlich Freude, wenn ich
Querflöte oder Gitarre spielte. Mit ebenso großer Begeisterung lernten sie
spielerisch sich auf Deutsch und Englisch zu begrüßen. Die Ältesten konnten
bald einige Zahlen und Farben auf Englisch. Ich hatte trotzdem das Gefühl, ich
würde die ganze Zeit mehr von den Kindern lernen als sie von mir. Es machte mir
große Freude, sie in ihrem Alltag zu beobachten beziehungsweise von ihnen in
alles miteinbezogen zu werden. Bei der täglichen Arbeit im Kindergarten
faszinierten mich vor allem zwei Punkte, die mir entscheidend für die gute Gemeinschaft
der Kinder sowohl untereinander, als auch mit den Erzieherinnen erscheinen. Zum
einen wird täglich in jeder Gruppe über ein Thema gesprochen und jedes einzelne
Kind trägt sein Wissen, seine Meinung und seine Erfahrungen dazu bei. Die Übrigen
hören zu, bis jeder die Möglichkeit hatte sich zu äußern. Dadurch werden die
Kindern sehr aufmerksam und interessiert gegenüber ihrer Umwelt und ihren Mitmenschen.
Zum anderen erscheint mir das tägliche gemeinsame
warme Essen ein wichtiger Bestandteil der Arbeit des Kindergartens zu sein. Die
Kinder waschen sich die Hände, setzen sich an die Tische, warten bis jeder sein
Essen hat und essen dann miteinander. Nach dem Essen werden gemeinsam die Zähne
geputzt. Damit leistet der Kindergarten viel für die Gesundheit und das Gesundheitsbewusstsein
der Kinder. Sie bekommen eine gesunde Mahlzeit und lernen, dass Hygiene wichtig
ist und fest zum Alltag dazugehört.
Einmal in der Woche am Nachtmittag trifft sich
das Team der Kindergärtnerinnen mit Luz Elena um eventuelle Probleme zu
besprechen, mit ihr Themen zur Weiterbildung zu bearbeiten und um die
14-tägigen Elternversammlungen vorzubereiten.
Welch große Bedeutung diese Arbeit mit den
Kindern und Eltern hat wurde mir nach und nach deutlich, als ich Ocotlán, die
Menschen dort und ihre Lebenssituation immer besser kennen lernte. Nach den
ersten Wochen war ich keine Fremde mehr, alle anfänglichen Kultur- und
Sprachbarrieren verschwanden. Ich konnte zahlreiche Freundschaften und vertrauensvolle
Beziehungen knüpfen und erfuhr so aus erster Hand von den vielen Problemen der
Menschen dort. Viel Gewalt, Leid und Armut beherrschen das Leben vieler
Familien. Dass Frauen und Kinder geschlagen werden, scheint durchaus üblich zu
sein. Oft nehmen Arbeitslosigkeit und Alkoholismus jegliche Lebensgrundlage
einer Familie. Viele Kinder wachsen auch ohne feste Familie bei verschiedenen
Verwandten auf. Andere sind so arm, dass die ganze Großfamilie mit 6 oder mehr
Kindern in einem Zimmer wohnt, das eigentlich nicht mehr ist als ein Verschlag
aus Wellblech. Im Kindergarten lernen Kinder und Eltern, von denen viele unter
solch schlimmen Bedingungen leben, etwas sehr Wichtiges: Respekt, Vertrauen und
Liebe zu ihren Mitmenschen und Verantwortung für ihre Umwelt. So bekommen sie Motivation
und Unterstützung, ihr Leben aktiv selbst zu gestalten und Schritt für Schritt
ins Positive zu verändern. Viele Menschen berichteten mir, wie ihr Kontakt mit
dem Kindergarten ihre Lebenseinstellung und ihren Alltag verändert hat.
Auch die Umweltprobleme der Gemeinde Ocotlán
konnte ich hautnah miterleben, so gab es zum Beispiel nach Beginn der
Trockenzeit oft nur an drei Tagen in der Woche fließendes Wasser. Das Wasserproblem
ist augenscheinlich eines der größten der Region und dennoch fehlt es an Unterstützung
auf kommunaler Ebene für alles, was CACTUS bereits im Kampf gegen die
Wasserknappheit unternommen hat. Die Kläranlage funktionierte aufgrund fehlender
Wartung größtenteils überhaupt nicht. Alle Hoffnungen ruhen nun auf dem neuen,
im Oktober gewählten Bürgermeister Sergio Mariscal, dass er das ökologische Engagement
von CACTUS ernsthaft unterstützen wird.
Große Hoffnung im Bereich des ökologischen
Engagements macht eine kleine Gruppe von Indigenas aus dem Dörfchen Santiago,
die ich kennen lernen durfte. Sie wollen ein Gelände nahe der Kläranlage
wiederbeforsten und treffen sich regelmäßig mit Antonio, denn das Projekt erfordert
unter anderem einen großen organisatorischen Aufwand. Es gilt zu klären, welche
Baumart gut geeignet ist für das Gebiet und wie die Bewässerung mit dem
gereinigten Was-
ser aus der Kläranlage technisch umgesetzt
werden kann.
Faszinierend für mich war die Motivation der
Leute dort . Sie studieren an den von CACTUS organisierten Bibelabenden einmal
die Woche gemeinsam die Bibel. Daraus entstand das Anliegen, die Liebe Gottes
praktisch werden zu lassen, sie spürbar und sichtbar zu machen, indem sie
Verantwortung übernehmen für Mitmenschen und Schöpfung.
Hausaltar für einen Verstorben am „Tag der
Toten“ (Foto: Daniela Schmid)
Die Kirchengemeinde war für mich neben dem
Kindergarten das Zentrum meines Lebens in Ocotlán. Ich besuchte jeden Montag
die Bibelabende, mit denen Luz Elena und Antonio vor Jahren in Ocotlán begonnen
hatten. Schritt für Schritt lernte ich die Gemeinde besser kennen und besuchte
immer mehr der verschiedenen Veranstaltungen. Die Lebendigkeit dieser Gemeinde
faszinierte mich mit jedem Tag mehr. Ich durfte die Begeisterung miterleben,
mit der sich die Leute treffen, um gemeinsam unter Anleitung die Bibel zu
lesen, um zu beten, um anzubeten. Und oft gibt der gemeinsam gelebte Glaube
Motivation zu sozialem Engagement, es werden Kranke besucht, Arme unterstützt
und herzliche Gemeinschaft gelebt.
Für mich waren die drei Monate in Ocotlán eine
sehr eindrückliche, erlebnisreiche und einfach wunderschöne Zeit. Das verdanke
ich vor allem den vielen lieben Menschen, die ich dort traf und die mich auf
viele Weisen unterstützt und begleitet haben. In Ocotlán schenkten mir die
Menschen ihre Herzen, ihr Vertrauen, ihre Fröhlichkeit und ließen mich jeden
Tag ihre Dankbarkeit dafür spüren, dass ich gekommen war und mich darauf eingelassen
hatte, mit ihnen zu leben. Ich durfte erleben, welche große Veränderung die
Arbeit von CACTUS in Ocotlán und Umgebung schon bewirkt hat und ich durfte mit
planen und träumen für die Zukunft, denn zu tun gibt es noch viel.
Bereichert durch diese wertvollen Erfahrungen
werde nun in Deutschland mein Studium der evangelischen Theologie beginnen.
Zur
Situation Mexikos
Die aktuelle politische Situation Mexikos ist
durch große Konflikte und eine massive wechselseitige Blockade der politischen
Akteure gekennzeichnet. Die Präsidentschaftswahlen von 2006 werfen schon ihre
Schatten voraus. Fox ist weit weniger erfolgreich, als die Mexikaner es erwartet
hatten, obwohl inzwischen das ökonomische Wachstum wieder angezogen hat und in
diesem Jahr voraussichtlich 4%
erreichen wird
- bei gleichzeitig erstaunlich stabilem mexikanischen
Peso.
Auch das ist Mexiko: Luz Elena in der Hängematte
(Foto: Daniela Schmid)
Auch profitiert Mexiko als Erdöl exportierendes
Land von den derzeit hohen Erdölpreisen. Offenbar sind auch in der Lohnveredelungsindustrie
(„maquiladora“) wieder neue Arbeitsplätze entstanden. Der aussichtsreichste
Präsidentschaftskandidat der oppositionellen PRD, der Bürgermeister von
Mexiko-Stadt Andrés Manuel López Obrador steht extrem unter Druck, weil er ein
Urteil des Verfassungsgerichts nicht umsetzen will. Außerdem wurden durch
pikante Videos Korruptionsaffairen seiner engsten Mitarbeiter bekannt, was ihm
viel Glaubwürdigkeit kostete. Die beiden Oppositionsparteien PRI und PRD, die
im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben, blockieren immer wieder politische
Entscheidungen, so dass das Land in einem langfristig sehr schädlichen
Reformstau stecken zu bleiben droht. Es fehlt an Zusammenarbeit und
Kompromissfähigkeit innerhalb der politischen Elite des Landes. Bei Gemeindewahlen
und den Wahlen der Teilstaaten Mexikos wendet sich die enttäuschte Wählerschaft
schon wieder der PRI zu, die es allerdings in manchen Regionen offenbar auch
schafft, die Wahlen zu ihren Gunsten zu manipulieren.
Sowohl von Seiten der mexikanischen Linken wie
von der Weltbank wird jedoch das neuartige Sozialprogramm „Oportunidades“
positiv bewertet, das Fox ins Leben gerufen hat. Es soll für mehr
Chancengleichheit sorgen. Fünf Millionen Familien - insgesamt 25 Millionen
Menschen - kommen in den Genuss regelmäßiger Sozialhilfe, wofür der
mexikanische Staat 1,4% des BIP einsetzt. Der Chef des Programms, Rogelio Gómez
Hermosillo war übrigens früher in der Bewegung der Basisgemeinden von
Mexiko-Stadt aktiv. Er steht dafür, dass die Mittel des Programms nicht durch
Veruntreuung, Schlamperei oder Korruption geschmälert werden. Ein wesentlicher
Teil der Unterstützungszahlungen besteht aus Stipendien an Kinder und
Jugendliche, damit diese weiterhin zur Schule gehen. Ein wichtiges Prinzip der
Auszahlung ist: sie wird an entsprechende Gegenleistungen, wie etwa
regelmäßigen Schulbesuch gebunden. Es besteht kein Zweifel: dieses Programm ist
eines der erfolgreichsten Projekte der Administration Fox. (Nähere Informationen
in Der Überblick 04/2004)
Zum Schluss noch ein Buchhinweis: In
völlig neu bearbeiteter Auflage gerade erschienen: Bernecker, Walther L.;
Braig, Marianne; Hölz, Karl; Zimermann, Klaus (Hrsg.): Mexiko heute : Politik,
Wirtschaft, Kultur. Frankfurt am Main : Vervuert, 2004. Mit einem Beitrag von
Gerhard Kruip: Religion, Kirche und Staat, S. 149-173