Mexiko-Projekt CACTUS

 

Rundbrief Weihnachten 2007

 

 

 

Fest im Kindergarten von Ocotlán anläslich der Einweihung von 5 Solarkochern

 

Spendenkonto: Nr. 0100 466 181, Sparda-Bank Köln, BLZ 370 605 90

 

Weihnachten 2007

 

Liebe Freunde/innen, Bekannte und Verwandte!

 

Wie immer ziemlich knapp, aber dieses Mal doch gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten, haben wir es wieder geschafft, ein Lebenszeichen von uns zu geben und Sie/Euch über unser Mexiko-Projekt in Ocotlán/Oaxaca zu informieren. Wir hoffen, dass unser Rundbrief auch noch einige von Ihnen/Euch motiviert, uns eine kleine Spende zu überweisen. CACTUS kann das Geld sehr gut gebrauchen und verwendet es sehr sinnvoll, wie man in dieser kleinen Broschüre nachlesen kann!

Allen Spendern/innen, die das Projekt jetzt zu Weihnachten oder das ganze Jahr über mit Spenden bedacht haben, sagen wir auch im Namen unserer Freunde in Mexiko ein ganz herzliches Dankeschön.

Uns geht es im Großen und Ganzen gut. Anna befindet sich im Endspurt auf das Abitur hin. Lukas ist weiterhin auf Orientierungssuche. Gerhard ist nach seiner Antrittsvorlesung an der Universität Mainz (man kann sie sich übrigens auf http://www.sozial­ethik.kath.theologie.uni-mainz.de/ herunterladen) nun dort wirklich gut angekommen und bereits in viele neue Arbeitsfelder hineingewachsen. Er leitet aber weiterhin (voraussichtlich noch bis Mitte 2009) das Forschungsinstitut für Philosophie Hannover. Rosemarie ist weiterhin am Übersetzen, arbeitet im Eine-Welt-Laden mit und ist fast ganzjährig im Garten beschäftigt.

Wie immer freuen wir uns sehr über Anrufe, Briefe und Mails, aber auch Besuche, um die Kontakte zu Ihnen/Euch weiter zu pflegen und auch von Euch/Ihnen zu erfahren, wie es Euch/Ihnen geht. Viele von Euch/Ihnen haben wir anlässlich des Gartenfests zu Gerhards 50. Geburtstag gesehen und gesprochen. Wir haben das in sehr guter Erinnerung und danken allen, die da waren.

Jetzt wünschen wir Euch und Ihnen allen ein Frohes Weihnachtsfest und ein Gutes Neues Jahr 2008.

Mit herzlichem Gruß aus der Wennigser Mark

Rosemarie Griebel-Kruip,

Gerhard Kruip, mit Lukas und Anna

 

P.S. Wie in jedem Jahr, werden wir die Spendenquittungen für alle Spenden des Jahres 2007 im Januar oder Februar 2008 versenden und bitten deshalb noch um etwas Geduld.

 

 

Die Arbeit von CACTUS 2007

 

Luz Elena und Antonio haben uns wie jedes Jahr einen Bericht über ihre Aktivitäten geschickt, den wir im folgenden in deutscher Übersetzung, manchmal leicht gekürzt bzw. um Erklärungen zum besseren Verständnis ergänzt, wiedergeben. Wer möchte, kann natürlich von uns oder direkt von Antonio und Luz Elena weitere Informationen erhalten (cactus21@prodigy.net.mx).

 

1. Kindergarten Niláhui in Ocotlán

 

Im Jahr 2007 haben 78 Kinder den Kindergarten besucht. Auch die Teilnahme der Eltern an den vierzehntägigen Elternabenden ist sehr gut. Normalerweise kommen 60 Väter und Mütter. In den eineinhalb Stunden der Elternabende werden Themen der persönlichen und familiären Entwicklung besprochen. Luz Elena hat darüber hinaus für Mütter und Jugendliche ein Kommunikationstraining angeboten und führte einzelne therapeutische Gespräche mit Personen, die darum gebeten hatten. (Luz Elena macht seit einiger Zeit eine therapeutische Ausbildung.) Weiterhin erhalten die Erzieherinnen eine kontinuierliche Fortbildung. Luz Elena meint, die dafür aufgewendete Zeit sei sehr gut investiert.

 

 

            Der Kindergarten wurde um eine Aula bzw. einen Speisesaal erweitert, wofür CACTUS eine Förderung von 120.000 Pesos von der Stiftung Harp Elú (1 Euro sind etwa 15 Pesos) erhalten hat. Auch die Eltern der Kindergartenkinder haben sich auf freiwilliger Basis an den Kosten der Elektroinstallation für den Speisesaal beteiligt (ca. 55 Pesos pro Kind). Schließlich haben sie als Spende noch fünf  Solarkocher bekommen, die sich sehr bewährt haben. Man kann sie sowohl zum Kochen wie zum Backen verwenden (siehe Foto auf der Titelseite).

 

 

 

 

 

2. Genossenschaftsbank von Ocotlán

 

Die von CACTUS angestoßene und anfangs auch mit Spendengeldern aus Deutschland finanzierte Genossenschaftsbank („Caja Popular“) wächst weiter. Sie hat Ende 2007 4500 „Genossen“ und vergibt jährlich Kredite in Höhe von insgesamt 47 Millionen Pesos. Sie ist damit eine der wichtigsten Kleinkreditgeber für die Bevölkerung von Oaxaca. Was als kleines Senfkorn begonnen hat, ist inzwischen ein starker und mächtiger Baum geworden.

 

 

3. Wasser für Ocotlán

 

Im Jahre 2007 wurde eine weitere Staustufe errichtet, diesmal nach einer besonderen traditionellen Technik, nämlich aus Erde (man nennt einen solchen Damm „jagüey“). Dadurch können bei jedem stärkeren Regen etwa 40.000 m3 Wasser zurückgehalten werden, das dann allmählich versickert und das Grundwasser wieder auffüllt. Zusammen mit den anderen beiden schon vorher errichteten Dämmen beträgt das Fassungsvermögen dieser Regenrückhaltebecken nun etwa 100.000 m3. Da es im vergangenen Jahr viel geregnet hat, ist auch der Grundwasserspiegel deutlich angestiegen.

 

Das Beispiel der „ökologischen Sanierung“ des Tales von Ocotlán macht inzwischen Schule. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Oaxaca hat nun CACTUS und den Wasserbauingenieur Muñoz, der die Staustufen in Ocotlán geplant und gebaut hat, damit beauftragt, eine Analyse der ökologischen Situation in einem der schönsten Täler Oaxacas, in San Felipe del Agua, durchzuführen. Die Studie ist inzwischen fertig und schlägt 25 Regenrückhaltebecken vor, die wahrscheinlich 2008 gebaut werden können – wobei die endgültige Entscheidung dafür vom neuen Bürgermeister abhängt.

 

4. Erwachsenenkatechese

 

Weiterhin besuchen ca. 200 Personen, die sich in 22 Gemeinschaften organisiert haben, jeden Montagabend den Bibel-Kurs von Antonio, den er nach seinem Konzept einer „solidarischen Katechese“ abhält. Derzeit werden intensiv die Propheten des Alten Testaments studiert. Die Teilnehmer/innen der Katechese unterstützen finanziell die „Stadt der Kinder“, eine Organisation, die 120 Straßenkinder betreut, und eine Herberge für Landbewohner, die für Behördengänge oder Arztbesuche in der Stadt vorübergehend eine Unterkunft brauchen.

 

5. Barrio Norte in Mexiko-Stadt

 

Viele von Ihnen/Euch werden sich daran erinnern: Zunächst hatten Antonio und Luz Elena in einem Elendsviertel von Mexiko-Stadt auf einem mit unseren Spendengeldern erworbenen Grundstück einen Kindergarten errichtet  („Temoatzin“). Das war 1987. Dieser Kindergarten, der weiterhin gut funktioniert, feiert jetzt am 20. Dezember sein 20-jähriges Bestehen. Es wird ein großes Fest geben und eine systematische Evaluation der bisherigen Erfahrungen. Wir beglückwünschen die Freunde von „Trino de Ave“, dem Trägerverein, für die 20-jährige erfolgreiche Arbeit!

 

6. Die Verwendung der Spendengelder

 

Auch in 2007 sind wieder knapp 10.000 Euro zusammengekommen, die dank des hohen Euro-Kurses derzeit auch ziemlich viel wert sind (1 Euro = ca. 15 Pesos).

Das Geld wird vor allem zur Finanzierung der drei Kindergärtnerinnen (Lucia, Gloria, Marina) verwendet. Sie erhalten pro Jahr 13 „Monatsgehälter“ in Höhe von umgerechnet etwa 140 Euro. Luz Elena und Antonio bekommen für ihre Mitarbeit in CACTUS je eine monatliche Unterstützung (auch 13 mal) von 70 Euro. Außerdem wurden diverse Sachkosten aus unseren Spendengeldern bezahlt, und zwar etwa 1100 Euro für den Katechese-Kurs von Antonio (Werbung und Lernmaterialien), 1100 Euro für das Wasserprojekt und etwa 500 Euro als Zuschuss für den Bau des Speisesaals im Kindergarten Niláhui.

            Darüber hinaus ist es CACTUS gelungen, weitere Fördergelder einzuwerben, und zwar 120.000 Pesos von der Stiftung Harp Elú für den neuen Speisesaal des Kindergartens und weitere 200.000, ebenfalls von Harp Elú für die Studie zur Wasserproblematik in San Felipe del Agua. Die Genossenschaftsbank hatte die wissenschaftliche Studie über die Wassersituation in Ocotlán finanziert. Außerdem gelang es, ein Gerät für Bodenbewegungen beim Bau des Damms Jagüey in Santa María Tocuela kostenlos auszuleihen, was erhebliche Kosten einsparen half.

 

Wir danken allen Spendern/innen sehr herzlich für ihre Unterstützung!

 

Zur Situation Mexikos 2007

 

Die Präsidentschaftswahlen von 2006 waren extrem knapp ausgegangen: Die beiden wichtigsten Kandidaten, Felipe Calderón Hinojosa von der PAN und Andrés Manuel López Obrador von der PRD hatten beide knapp über 35% der Stimmen erhalten, Calderón allerdings etwa 200.000 Stimmen mehr als „AMLO“, welcher bis heute seine Niederlage nicht eingestanden hat und sich als Ggenpräsident ausrufen ließ. Der neue Präsident trat deshalb sein Amt am 1. Dezember im Kontext einer der schwersten Legitimitätskrisen des mexikanischen Staates an. Kaum jemand erwartete, dass er wirklich in der Lage sein würde, das Land zu regieren und seine enormen Probleme einer Lösung näherzubringen (vgl. z.B. die Einschätzung von Anne Huffschmid in ApuZ 51-51/2006).

 

Bei einem Besuch in Deutschland im Januar 2007

 

Überraschenderweise ist ihm das aber in seinem ersten Regierungsjahr besser gelungen, als die meisten dachten. Seine Popularität ist mit einer Zustimmung von 64% unter der mexikanischen Bevölkerung höher als die von Vicente Fox nach dem ersten Regierungsjahr. Nicht zuletzt dank der hohen Einnahmen aus dem Erdölexport – das Erdöl wird allerdings bei der derzeitigen Förderungsrate nur noch etwa zehn Jahre reichen – haben sich Staatseinnahmen, Auslandsverschuldung, Wirtschaftswachstum und Währungsstabilität positiv entwickelt. Die Arbeitslosigkeit hat jedoch gleichzeitig zugenommen. Wichtige Reformen konnten auf den Weg gebracht werden, die freilich poltisch umstritten bleiben: eine Steuerreform zur Verbesserung der Staatseinnahmen und eine angesichts des demographischen Wandels, der auch in Mexiko beginnt, dringend notwendige Reform der Altersversorgung. Eine Wahlrechtsreform wird von vielen als Rückschritt gesehen, weil sie die Unabhängigkeit des IFE (Bundesinstitut für Wahlen) einschränkt und es einer stärkeren Kontrolle der etablierten Parteien unterwirft.

            Umstritten sind auch Calderóns Einsätze des mexikanischen Militärs im Inneren, einerseits zur Beendigung der Aufstände in Oaxaca, andererseits vor allem in der entschlossenen Bekämpfung der Drogenmafia. Offenbar kommt es dabei immer wieder zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen. Der Kampf gegen die Drogenkartelle forderte seit Jahresbeginn bereits 2000 Todesopfer, darunter befinden sich neun Journalisten, die über die Drogenmafia und die Gegenmaßnahmen des Militärs berichteten, was keinem von beiden gefällt.

            Wie korrupt die mexikanische Polizei ist, kann auch daran abgelesen werden, dass in der ersten Jahreshälfte 2007 284 leitende Beamte abgesetzt und durch andere ersetzt wurden. Mit spektakulären Aktionen wird versucht, mexikanische Bürger dazu zu bewegen, Waffen abzugeben: Wer eine großkalibrige Schusswaffe abliefert, bekommt dafür einen Computer geschenkt.

 

Wachsende Militarisierung

 

In Oaxaca hat sich die Situation weitgehend beruhigt, obwohl die Ursachen der Aufstände nicht beseitigt sind. Die allgemein als korrupt angesehene Regierung unter Ulises Ruiz Ortiz ist immer noch im Amt. Bei den Auseinandersetzungen im Jahre 2006 gab es nachweislich erhebliche Menschenrechtsverletzungen, für die die Regierung am 15.6.2007 offiziell um Entschuldigung gebeten hat. Die Auseinandersetzungen haben der Touristenstadt Oaxaca schwer geschadet. Schätzungen zufolge sind 2007 170.000 Touristen weniger gekommen, die dadruch verursachten Mindereinnahmen belaufen sich auf über 500 Millionen Pesos.

 

Sicherheitsanlagen an der Grenze zur USA

 

Ein großes Problem stellt nach wie vor die Migration in die USA dar. Immer noch versuchen viele Mexikaner/innen, illegal die Grenze zu den USA zu überschreiten, um dort Geld zu verdienen, das sie dann teilweise an ihre Angehörigen nach Mexiko zurücküberweisen (insgesamt pro Jahr über 20 Milliarden US-Dollar). Bis einschließlich Juni waren bei solchen Grenzübertrittsversuchen schon 275 Mexikaner/innen ums Leben gekommen.

 

Das Jahr 2007 war auch ein Jahr großer Naturkatastrophen: Im August und September wurden weite Küstengebiete am Golf von Mexiko durch den Hurrikan Dean bzw. den Hurrikan Lorenzo zerstört. Während eines Sturmes im Golf von Mexiko kam es am 23.10. zum Zusammenstoß zweier Ölplattformen. Über 20 Arbeiter starben, große Mengen Öl flossen ins Meer, später brach auch ein Brand aus, der lange nicht gelöscht werden konnte.

 

(zerstörte Ölplattform der PEMEX)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tagelange heftige Regenfälle führten Anfang Novemeber zu dramatischen Überschwemmungen in Tabasco und Chiapas. Am 6.11. vernichtete ein durch die Regenfälle ausgelöster Bergrutsch das Dorf San Juan de Grijalba (Chiapas) komplett. Es gab mehrere Erdbeben, die allerdings nur geringe Schäden anrichteten.

 

Anfang Dezember brach der 65km von Mexiko-Stadt entfernte Vulkan Popcatépetl erneut aus und schleuderte große Mengen Steine, Asche und Rauch in die Atmosphäre, die Wolke stieg bis zu einer Höhe von über 9.000m an.

Relativ gute und detaillierte Informationen über Mexiko findet man übrigens in einem deutschsprachigen Mexiko-Lexikon im Internet (www.mexiko-lexikon.de).

 

Die lateinamerikanische Bischofsversammlung in Aparecida

 

Vom 13. bis zum 31. Mai 2007 fand im brasilianischen Wallfahrtsort Aparecida die fünfte Generalversammlung des lateinamerikanischen Episkopats statt. Das am 29. Juni vom Papst zur Veröffentlichung freigegebene Dokument von Aparecida kann insgesamt als ein wichtiger und positiver Schritt der katholischen Kirche in Lateinamerika angesehen werden. Die Kirche hat erkannt, dass sie nicht mehr davon ausgehen kann, dass die Menschen in Lateinamerika sozusagen „automatisch“ katholisch sind, sondern dass sie große Anstrengungen untgernehmen muss, um im Wettbewerb vor allem mit protestantischen Freikirchen zu bestehen. Dass dies auch innerkirchlich einige Reformen notwendig machen dürfte, wird nur sehr vorsichtig angsprochen. Positiv ist in jedem Fall, dass die Bischöfe die theologische Erwachsenenbildung stärken wollen, dass sie die Volksreligiosität und die Kulturen der Indígenas achten wollen. Bemerkenswert deutliche Aussagen finden sich auch hinsichtlich der sozialen Ungerechtigkeiten, der ökonomischen Probleme und der ökologischen Gefahren. Anders als in der Versammlung von Santo Domingo (1992) wurde auch wieder auf die Methode Sehen-Urteilen-Handeln zurückgegriffen. Allerdings ist die Analyse der kulturellen Gegenwartssituation stark von einem unfruchtbaren Kulturpessimismus geprägt. In dieser Hinsicht ist die Wahrnehmung der sozialen Realitäten eher von einer grundsätzlich antimodernen und defensiven Haltung beeinflusst, weniger von dem Willen, die Zeichen der Zeit wirklich zu verstehen und sich dabei auch aktueller sozialwissenschaftlicher Ansätze zu bedienen.

 

Sehr positive Aussagen hatten die Bischöfe in Aparecida auch zu den Basisgemeinden in das von ihnen beschlossene Dokument hineingeschrieben: „Entschieden wollen wir das Leben und die prophetische und heiligmachende Mission der kirchlichen Basisgemeinden in der missionarischen Nachfolge Jesu bekräftigen und ihnen neue Impulse geben. Sie waren nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine der großen Manifestationen des Geistes in der Kirche Lateinamerikas und der Karibik.“ (Nr. 194 im beschlossenen Dokument). Leider wurde der Text zwischen der Verabschiedung in Aparecida und der offiziellen Publikation noch „überarbeitet“, wobei viele Veränderungen eine deutliche Tendenz zeigen: eine ängstliche Bewahrung der Macht des kirchlichen Lehramtes und eine massive Ablehnung der Basisgemeinden und der Theologie der Befreiung. Dieser römischen Endredaktion, für die wahrscheinlich der kolumbianische Kurienkardinal López Trujillo verantwortlich ist, ist beispielsweise der oben zitierte Satz über die Basisgemeinden zum Opfer gefallen. Auch hatten die Bischöfe in Aparecida eine mangelnde Fähigkeit zur Selbstkritik beklagt. Wie um diese Aussage zusätzlich zu bekräftigen, wurde dieser Hinweis ebenso aus der entsprechenden Passage gestrichen wie die Klagen über „einen gewissen Klerikalismus“ und über die „Diskriminierung der Frau und ihre mangelnde Präsenz in den pastoralen Organen“ (Nr. 100b). Aus dem Schuldbekenntnis „Wir erkennen an, dass wir uns häufig vom Evangelium entfernt haben ...“ wurde „Wir erkennen an, dass sich einige Katholiken gelegentlich vom Evangelium entfernt haben ...“ (100h). Diese ärgerliche und kleinliche Endredaktion, die das Prinzip der Kollegialität der Bischöfe beschädigt, hat die eigentlich sehr positiv verlaufene Versammlung von Aparecida unter einen dunklen Schatten gestellt. Manche brasilianische Bischöfe haben bereits gefordert, das ursprünglich beschlossene Dokument zu veröffentlichen und in Kraft zu setzen.

(Näheres in Krauß, Christoph; Kruip, Gerhard: In Selbstblockaden verstrickt. Römische Korrekturen am Schlussdokument von Aparecida. In: Herder Korrespondenz 61(2007)9, 450-453.